(1)
Die zweite Tageszeitung der Universitätsstadt stellte 1982 ihr Erscheinen ein. Mit mir hatte das nichts zu tun.
















































(3) Der historische Verbalorgasmus des Reporters Zimmermann  






























(4) Dass  ichmich  1972 dann doch auch als richtiger Rechtsanwalt  niederliess, ist eine völlig andere, längere Geschichte...































So schön. Schön war die Zeit
(3)


Zwischenbilanz

Mein Leben war Schreiben. Seit ich damit angefangen habe, vor mehr als 50 Jahren, war das Schreiben eine Obsession, es hatte auch immer etwas fast Erotisches für mich. Und ich habe viel geschrieben. Zeitungsartikel für den Lokalteil des "Heidelberger Tageblatt" (1), Gedichte, Kabarett-Texte, Sketche, Satiren und Glossen für den Rundfunk, Hörspiele, Drehbücher für Fernsehsendungen, Bücher; und nicht zuletzt auch meine Lieder (2).

Mein Schreiben war immer adressatenorientiert, an ein Publikum gerichtet, an Leserinnen und Leser, Hörerinnen und Hörer, Zuschauerinnen und Zuschauer. Immer wollte ich etwas erreichen mit meinen Texten. Ich wollte informieren, infragestellen, aufklären, irritieren, agitieren, zum Nachdenken bringen, motivieren; oder zumindest erheitern, amüsieren, unterhalten. 

Eigentlich hätte mein eben ja ganz anders verlaufen sollen. Es hätte so weitergehen sollen, wie es angefangen hatte: wohlbehütet im kleinbürgerlichen Umfeld, anständig, unauffällig, deutsch, protestantisch. Ich sollte Akademiker werden: Lehrer zum Beispiel, Dozent, vielleicht sogar Professor; Arzt; Anwalt. Auf keinen Fall irgendetwas mit Politik. Für jeden Politiker, sagte meine Mutter oft, wachse ein Baum im Wald (an dem er eines Tages aufgehängt werde).

Auf die Frage, die ich mir selbst oft gestellt habe, warum dann alles so ganz anders kam, habe ich als mögliche Antworten ein paar Ereignisse gefunden, die so etwas wie Meteoriteneinschläge waren oder unvorhergesehene Naturkatastrophen, Erdbeben oder Hagelstürme. Ein erstes solches Ereignis war die Begegnung mit Kurt Tucholsky. Wodurch - besser: durch wen - ich an die Taschenbücher "Panter, Tiger und Co." und "Rorotucholsky" geriet, weiß ich nicht mehr, auch nicht, wann genau das passierte. Es war ein Glücksfall für mich; ein schwerer Unfall für meine Eltern, besonders meinen Vater, den Latein- und Griechischlehrer am Gymnasium in Heidelberg. Zumal ich dadurch auf die Abwege kam zu den vielen anderen undeutschen, unanständigen, linken, ja sogar - horribile dictu! - kommunistischen Autorinnen und Autoren von Hannah Arendt bis Gerhard Zwerenz. Ähnlich gravierend: die ersten - spärlichen, gefärbten, geschönten, verschämten, verharmlosenden, eher in der Kirche als in der Schule und schon gar nicht zu Hause gegebenen - Informationen über das "Dritte Reich", den Zweiten Weltkrieg, den Holocaust. Und ein letztes Beispiel, da weiß ich noch genau, wann das war: am Tag des Endspiels der Fußball-WM 1954; ich hatte die Reportage im Radio gehört, zusammen mit einem Freund im Haus seiner Eltern,dieses wahnsinnige "Tooooor...! Toooooor! Toooooor für Deutschland" (3). Und danach hatte dieser Freund, ein Klassenkamerad und in der gleichen evangelischen Jugendgruppe wie ich, dieser Freund besaß auch schon einen Plattenspieler und er legte, um mir zu imponieren, eine Schallplatte auf, eine 45er, mit zwei Stücken, auf der Vorderseite "Rpck around the Clock", auf der Rückseite der "A.B.C.-Boogie", von Bill Haley & His Comets. Musikalisch war ich bis dahin nicht hinausgekommen über Czerny-Etuden und Robert Schumanns "Fröhlicher Landmann, von der Arbeit zurückkehrend" im Klavierunterricht oder "Schwarzbraun ist die Haselnuss, schwarzbraun bin auch ich" und "Im tiefen Keller sitz ich hier", lautstark und angeheitert gesungen von meinem Vater und seinen Brüdern der Verbindung Cimbria. Durch den Rock'n'Roll, durch Bill Haley, Jerry Lee Lewis, Chuck Berry, Elvis Presley ging ein Tor auf, nicht zuletzt hin zu dieser "Negermusik", dem Jazz.

Damit war dann irgendwann der andere Weg versperrt, jener hin zu den für mich vorgesehenen Zielen. Das eindringliche SAG NEIN von Wolfgang Borchert war inzwischen mein Leitmotiv geworden. NEIN - vor allem zu einer Wiederholung all des Grauens, das nach und nach immer genauer und mit immer furchtbareren Details bekannt wurde, und von jenem Volk zu verantworten, dem ich, einfach durch meine Geburt, angehörte. NEIN zu den noch lebendigen oder sogar immer wieder neu auflebenden Formen von Faschismus, Nazismus, NEIN zu Rassenwahn und Völkerhass, NIE WIEDER KRIEG, NEIN zu Verachtung und Unterdrückung anderer Meinungen, anderer Religionen, anderer Gruppen und dann auch - was ich erst viel später mitbekam - der Frauen.

Nicht nur Adressaten also hatte ich für mein Schreiben; auch Botschaften. Wechselnd in der Form und im Gewicht der Texte, bleibend oder nur wenig sich ändernd die Grundhaltung. Ich war zwar kein Politiker geworden, wohl aber ein politischer Mensch. Was ich dachte, sagte und schrieb und sang, war fast immer politisch. Und so wurde ich schließlich dann doch - cum grano salis - zu einer Art Lehrer, Dozent, ich dozierte, wollte richtige Überzeugungen lehren; und ich wurde, indem ich immer wieder auch für andere sprach, zum Anwalt (4); ja sogar, wenn ich diagnostizierte und Fehlentwicklungen oder geradezu Krankheiten zu erennen glaubte und Gegenmaßnahmen empfahl, zu einer Art Arzt...

Jetzt, 2012, nach über 50 Jahren, also diese Zwischenbilanz. Ich habe das Gefühl, mehr noch: ich sehe die Notwendigkeit, dass ich einen Abschluss finden sollte. Einen inneren Abschluss. Äußere Abschlüsse habe ich schon erlebt. Als Liedermacher und Kabarettist: es gibt kein Publikum mehr, das meine Sachen hören und sehen will; oder auch umgekehrt: ich weiß nicht, was ich einem Publikum heute sagen könnte. Als Rundfunkautor: ich finde nicht - wie früher - problemlos Redakteurinnen und Redakteure, die meine Texte senden wollen; oder eben: ich kann das nicht schreiben, was heute gern gesendet und gehört würde. Ich habe das alles kommen sehen, ich habe es analysiert und verstanden; aber ich habe s offenbar nicht wirklich akzeptiert. Ich habe mir selbst nicht zugeben wollen, dass zu Ende ist, was mich (fast) mein ganzes Leben lang gprägt und motiviert und angetrieben und nicht zuletzt auch finanziert hat: das Schreiben für ein ein Publikum.

Warum dann aber "Zwischen"bilanz? Weil ich - wie schon gesagt (5) - mir nicht vorstellen kann zu leben ohne zu schreiben. Wie lange noch, weiß ich natürlich nicht. Ich weiß andererseits, dass meine Rente nicht zu dem Leben reicht, das ich gerne leben will. Und da mein Schreiben kein Geld mehr bringt, muss ich anders dafür arbeiten. Was bedeutet, dass ich weniger Zeit zum Schreiben habe. Dass in Zukunft Schreiben für mich  also etwas sein wird wie, sagen wir: Klavier spielen. Ein Luxus. Etwas, das in erster Linie mir selbst Spaß und Freude bringt. Unadressiertes Schreiben. Wenn es jemand liest und es ihm oder ihr gefällt: tanto meglio cosi, umso besser. Wie beim Klavierspielen auch.

Egozentrik? Narzissmus? - Und wenn...!

26. August 2012

















(2) Mehr dazuunter
 
www.ekkes.de/Arbeiten.html


















































































(5) siehe So schön (1)