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AdagioNotiz 4 - "Zehn Jahre zurück", nachzulesen unter www.casa-adagio.de/
Notizen24.html

























(3) Nur deshalb übrigens, weil es in Deutschland kein entsprechendes Gesetz gibt...































So schön. Schön war die Zeit
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Eigentlich geht es in dieser Beilage zur "Transdemokratie" um Geschichten aus meinem früheren Leben; heute mal eine Ausnahme, Thema ist meine Gegenwart. Und genau genommen müsste dann der Titel auch lauten: So schön. Schön ist die Zeit... 

Warum eigentlich...

...lebe ich jetzt schon bald zehn Jahre in Italien und denke nicht daran, nach Deutschland zurückzukehren? Ich lasse mal die spontanen und vielleicht ein bisschen oberflächlichen Begründungen beiseite – also das immer noch für mich angenehmere Klima, die freundlichen, hilfsbereiten Menschen in den landschaftlich so toskanagleich schönen Marken, das nahe Meer, das reiche Angebot an Kultur; obwohl das alles schon so manches erklärt – und ich stelle mich den so oft zu hörenden Fragen: aber Berlusconi? Und die Korruption? Und die Mafia? Und dieses Fernsehprogramm???!

Der Reihe nach. Vor sieben Jahren habe ich in einer meiner AdagioNotizen (1) geschrieben, dass dieses Italien hier zehn Jahre zurück sei hinter unserem Land, und es waren nur positive Beispiele, die ich als Beleg dafür aufgeführt habe. Inzwischen sehe ich, dass mit Bezug auf die Entwicklungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft (2) Italien gar nicht so viel anders ist, sondern auf dem weltweit beschrittenen Weg in das, was ich Transdemokratie nenne, unserem Land vielleicht zehn Jahre voraus ist.

Nein! Natürlich ist Angela Merkel nicht bereits oder demnächst ein weiblicher deutscher Berlusconi. Aber ihre politischen Überzeugungen (wenn sie denn, schwer zu sehen, sowas überhaupt hat) unterscheiden sich von denen des „Cavaliere“ im wesentlichen nur darin, dass sie nicht in erster Linie ihre eigenen ökonomischen Interessen im Auge hat. Und was "die stärkste Frau der Welt" da gerade eben (Anfang November 2012) der Seehofer-CSU und der Rösler-FDP zugestanden hat und warum, das ähnelt durchaus dem, was der italienische Ex-Regierungschef der Lega Nord und den anderen zugeschanzt hat, nur damit er dank deren Unterstützung sein Amt behalten konnte.

Die Korruption? Ja: was inzwischen in Italien auf diesem Gebiet so alles abgeht – und seit Monaten fast jeden Tag breit in den Zeitungen berichtet wird – ist monströs und fast unglaublich. Aber auch da holt Deutschland inzwischen auf. In diesem August zu lesen in der ZEIT: Kaum irgendwo ist es so einfach, ungestraft Politiker zu bestechen wie in Deutschland. Im Juli die Berichte über den Organhandel an der Göttinger Uniklinik. Im Juni das BGH-Urteil, dass die Geldzuwendungen von Pharmaunternehmen an Ärzte keine Bestechung seien (3). Es gibt Geschacher mit Fußballspielen, den Kauf von Schiedsrichtern usw. usw. Wie weit sind wir in der BRD noch entfernt davon, dass – wie in Italien gerade bekannt geworden – in großem Stil Wählerstimmen gekauft werden, 50 Euro das Stück?

Und die Mafia? Na klar: Typisch italienisches Produkt... oder vielleicht doch nicht? Spätestens seit den Morden von Duisburg (2007) wurde auch einer breiteren deutschen Öffentlichkeit bekannt, was 2010 in der FAZ zu lesen war: Die Mafia weitet in Deutschland ihren Einfluss auf Wirtschaft und Politik aus. Das geht nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung aus einem geheimen Bericht des Bundeskriminalamtes hervor. Vor allem in Stuttgart sind die Clans bestens verdrahtet. Und ausführlich und mit zahlreichen Belegen versehen die Bücher von Eva Reski und Jürgen Roth und Roberto Saviano und anderen.

Bleibt noch das Fernsehprogramm. Ja! Aus gutem Grund haben wir in unserem Haus in Italien keinen TV-Apparat. Mit ganz ganz wenigen Ausnahmen ist, was da gezeigt wird, unsäglich, unglaublich unerträglich. Also gucke ich nur in die Glotze, wenn ich mal wieder in Deutschland bin. Wie zum Beispiel am Montag, 5. November 2012. Und sehe die „Tagesthemen“ mit Dieter Nuhr und den "Satire-Gipfel" mit Caren Miosga und "Hart aber fair" mit Ulli Hoeness und die Sportschau mit Günther Jauch – äh, oder war es Frank Plasberg im Satire-Gipfel und Marietta Slomka in der Sportschau? Überall wurde geredet vom Kuhhandel, aber es war nicht Sterns Stunde und eine Sternstunde schon gar nicht, es war ein Tag wie jeder andere auf dem langen Weg nach unten auch auf dem, was im deutschen TV zu sehen ist.

Kurz: wenn handfeste, tiefsinnige, geistvolle und schwerwiegende Gründe nicht zu finden sind, die für eine Entscheidung zugunsten eines Lebens in Deutschland nicht zu finden sind, bleibe ich spontan und oberflächlich und fahre ganz bald wieder zurück nach Italien. Weil dort für mich nach wie vor gilt:

So schön. Schön ist die Zeit...

6.11.2012


(2) Schon immer die
Themen, die mich in erster Linie interessiert haben