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von DER TRANSDEMOKRAT

DER
TRANSDEMOKRAT
Nummer 95

"Mancher Politiker bedauerte schon, wie viel Kaufkraft nun verloren gehe, eine zynische Beschreibung für das, was Regierung und Union beginnen: den größten Sozialabbau in Deutschland."
(Heidrun Graupner, SZ-Leitartikel 15./16. Mai 2004)
19. Mai 2004 
Ungeschützt - Unzensiert - Unzivilisiert
IMPRESSUM: 
Ersteller: 
Ekkes Frank * Hamburgerstr.2-4 * 50668 Köln * Tel. 0221-139 4801 
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Inhalt:
Editorial: "Im Drüben fischern"
The Global Play
Der Präsident hält Kurs / Foto als Fälschung entlarvt
Aus der Welt der Talkshows
Der Fischer un sin Coup
Schnipsel
Brennende Leiche im Wald / Solana und Europa / Heiliger Mittelfinger / Zitat des Tages (jW: Tod bleibt einmalig)
Persönliche Anmerkungen
Notizen (14): Putz abklopfen... 
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Editorial

"Im Drüben fischern" 
Die Außenpolitik von Rot-Grün

Endlich hat der TransDemokrat einmal Gelegenheit, seine schon seit Jahren anhaltende Begeisterung über die feinsinnigen Überschriften im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung kongenial zum Ausdruck zu bringen! Kalauerbachs Keller ist, so lehrt die SZ, eben doch um vieles reichhaltiger bestückt als man so gemeinhin als Altkabarettist annehmen möchte.
Ich freue mich auch besonders, dass dies im Zusammenhang geschieht mit dem - natürlich auch von uns wie von allen richtigen Deutschen - am meisten geliebten deutschen Politiker. Gerade hat er erneut in unnachahmlicher Weise in die politische Landschaft gekinkelt und damit einmal mehr deutlich gemacht, wie wohltuend sich ein Außenminister der BRD von der seinerzeitigen Karikatur eines solchen der Ex-DDR unterscheidet: der Genosse Außen-Fischer (unerträglicherweise hatte dieser Mensch doch tatsächlich den gleichen guten Namen!) hätte damals natürlich geäußert, man dürfe sich, des Weltfriedens wegen, nicht in eine Distanz zur SU-Regierung treiben lassen, was immer auch an schlimmen Dingen aus Sowjet-Gulags oder dergl bekannt würde. Der Herr Außen-Joschka dagegen, so lesen wir in der jungen Welt (10.5.04): "Auf dem Grünen-Länderrat in Berlin warnte er am Samstag vor einer USA-kritischen 'klammheimlichen Freude' über die bekanntgewordenen Demütigungen von Gefangenen. Die USA und Europa seien Bündnispartner und wollten dies auch bleiben. Nur so seien Frieden und Stabilität in der Welt zu gewährleisten, erklärte Fischer". Kurz bevor er zu einem mehrtätigen Besuch nach drüben abhob.

Hüben bleibt eh alles beim Alten. Laut SZ liegt die CDU/CSU unverändert vorn in der WählerInnen-Gunst, 48 % der Deutschen finden Stoibermerkelmerzundco irgendwie noch attraktiver als die aktuell zu regieren vorgebenden Herren in Armani und Brioni (zusammen 39, wobei die SPD inzwischen wieder auf sensationelle 29 Prozent angeschwollen ist). Da auch die übrigen Ergebnisse im üblichen Bereich liegen (FDP: 5, PDS: 4, Andere: 4) gäbe es im Grunde nur das erneute Gähnen - wäre da nicht diese sensationelle Entwicklung, eine Vision, die seit heute Nacht (17.5.) den TransDemokraten verwirrt: mehr dazu unten in "Aus der Welt der Talkshows". Wenn das, was da gemeldet wird, wahr wäre - na, das wäre doch mal wieder was richtig Erregendes! Wir bleiben an dieser Geschichte dran, versprochen!

Der TransDemokrat

The Global Play
(früher: Außenpolitik)

Der Präsident hält Kurs
Unbeirrt von den zunehmenden Anfeindungen und böswilligen Unterstellungen bewahrt George W. Bush Ruhe und Übersicht. Sehr differenziert hat er beispielsweise auf die beiden Karikaturen hier reagiert: auf der einen Seite bestätigte das Weiße Haus, dass die in den Sprechblasen geäußerten Feststellungen inhaltlich völlig zutreffend seien, auf der anderen Seite wurden die jeweiligen Zeichner zu vertiefenden Gesprächen im Rahmen eines unbegrenzten Urlaubsaufenthaltes eingeladen - Chappatté (linkes Bild) nach Abu Ghraib, Steve Bell nach Guantánamo


Eindeutig als Fälschung entlarvt wurde dieses weitere angebliche Folterfoto: es handelt sich nicht um eine neue perverse Aktion der US-Soldatin Lynndie England (Bildmitte), sondern vielmehr um ein Bild von Peter Paul Rubens: "Das Wunder des heiligen Justus".

Aus der Welt der Talkshows
(früher: Aus Bund, Ländern und Gemeinden)

Der Fischer un sin Coup!

Begonnen hatte alles damit:

Sicher - so ein bisschen Überraschung war schon, bei den abgebrühten Beobachtern der Berliner Szene: was um Gottes Willen wollte der vormals Grüne (jetzt, laut eigener Aussage, nur noch Deutscher - ein harter Schrumpfungsprozess!)? Nur den Kleikaz erschrecken? Nur die eigene Basis aufscheuchen? Vielleicht sogar das Heer der Geschröpften und Entkernten trösten?
Nichts von alledem! Bzw. mehr als das: DER TRANSDEMOKRAT - wer auch sonst - weiß es mal wieder! Es war der erste Schritt auf dem konsequenten Weg des seinen Idealen treu Gebliebenen zur wahren Revolution: seit gestern ist 

Joschka Fischer Kanzler der BRD!!! 
Chapeau, Herr Fischer! Gut gemacht! 
Die Einzelheiten von Fischers Coup (noch ist nicht klar, ob es sich auch um einen Coup d'Etat handelte) sind noch nicht alle bekannt. DER TRANSDEMOKRAT hat bisher immerhin dieses erfahren: 
Nachdem der Herr Schröder signalisiert bekommen hatte, dass für ihn ein neuer Posten in Brüssel geschaffen werden soll (die Rede ist vom L'Empereur d'Europe (Kaiser von Europa), verlor er sofort auch den letzten Rest von Lust, den von ihm vor die Wand und in den Dreck gefahrenen Karren noch weiterhin zu steuern. Als dies der Herr Fischer mitbekam, bot er seinem bisherigen Chef sofort eine freundliche Übernahme an - die Höhe des geflossenen Geldes ist noch geheim. Undurchsichtig bisher auch, wie diese Geschichte verfassungskonform eingestielt wurde; man nimmt an, dass es - so ähnlich wie bei der Einverleibung der Ex-DDR - mit einem Trick gemacht wurde: da Joschka bisher schon Vizekanzler war, verzichtete der Kleikaz einfach darauf, seinen Job weiter auszuüben, womit automatisch sein Stellvertreter nachrückte.
Als Begründung übrigens gegenüber aufheulenden Skeptikern in allen Lagern wies der neue Kanzler darauf hin, dass er unbedingt ein weiteres Srebnica habe verhindern müssen - womit jede Kritik als faschistisch einzustufen und deshalb unbeachtlich sei.

Das Kabinett hat der neue Kanzler Fischer (rechts, auch im Bild) im übrigen (zunächst) unverändert gelassen. Hier erklärt ihm sein Finanzminister Hans Eichel, an wie vielen Fingern er abzählen kann, was an Milliardenkrediten pro Woche aufgenommen werden muss, um das ehrgeizige Ziel Fischers von 18 Prozent ( die Zahl kennt man doch noch irgendwoher!!!) Wirtschaftswachstum in den nächsten beiden Jahren zu erzielen.
Schnipsel 1 2 3
Schnipsel 4

TransD: Gut so! Nur keine voreiligen Schlüsse! Ständig beobachten wir doch, wie sich Menschen erst mal erwürgen, dann mit Benzin übergießen und anzünden!
 

TransD stellt richtig: es muss natürlich heißen

Solana ändert
sich und wird
immer schlechter

Von Europa

TransD ist beeindruckt. Nur eine semantische Frage: muss es nicht statt "restauriert" in diesem Fall heißen "transsubstantiiert"?
 
 

 

TransD verblüfft: Stimmt eigentlich!

   Persönliche Anmerkungen


Nicht nur ein neues Jahr steht an: ein neuer Lebensabschnitt. Italien - ein neues, noch weithin unbekanntes Land; ein neues Zuhause, neue Nachbarn. Nicht mehr als Besucher hier, als Tourist, nicht mehr die Unverbindlichkeit, nicht mehr das Bewusstsein, jederzeit zurückkehren zu können in eine vertraute, bekannte Lebensform. 
Herausforderung, selbstgewählt: sich einlassen auf radikale Veränderung. Neugier und Spannung, zugleich die alten Ängste. Ich bleibe ja, der ich war. Was und wie ich geworden bin, kann ich nicht ablegen. Ich habe mich mitgenommen hierher.
Herantasten an das Andere, es erfahren, erleben, verarbeiten, täglich neu der Versuch, es zu begreifen. Die kleinen Banalitäten ebenso wie die existenziellen Unterschiede. Eine Hilfe dabei: Reflexionen, Notizen, Berichte, Beobachtungen.
Notizen (14): Putz abklopfen…

Die „Ilti“ hämmert mit ohrenbetäubendem Geräusch kleine Betonstückchen von der Wand. „Ilti“ – das ist italienisch für eine „Hilti“, und meine Hilti ist keine Hilti, sondern eine AEG-Bohr-Meißel-Hammer-Maschine. Im letzten Herbst habe ich damit schon den unteren Teil der Frontmauer von dem alten, erdbeershake-rosa getönten Putz befreit. Jetzt, seit rund drei Wochen, steht das Gerüst, die Bauarbeiten haben begonnen, in den ehemaligen Ställen sind Stahl-Beton-Böden eingezogen worden, als nächstes soll das Dach erneuert werden, und dafür muss auch oben und an den übrigen Seitenwänden der alte Putz weg. Die Idee, das selber zu machen, kam aus Ersparnisgründen. Nun erfahre ich, dass dies auch eine sehr direkte und intensive Beschäftigung mit dem alten neuen Haus ist, stundenlang, tagelang.
Die Arbeit verlangt harten Körpereinsatz, der Kopf ist unterfordert, kann also Gedanken frei umherschwirren lassen. Mal zurück in frühere Zeiten, frühere Leben, Erinnerungsbruchstücke, mal größere, mal winzig kleine, so wie die Brocken, welche die „Ilti“ absprengt. Dann auch freie Assoziationen, Bilder, Symboliken. Zum Beispiel denke ich an den ebenfalls rosa und blass gewordenen Verputz der SPD, die vermutlich ziemlich genau so alt ist wie dieses italienische Bauernhaus. Ein Putz, an manchen Stellen so mürbe und bröselig, dass er schon fast von alleine wegbricht, in großen, bizarr polygon geformten Platten, und krachend zu Boden fällt. Dann aber auch wieder Stellen, wie gesagt, wo mit Beton gearbeitet wurde, als haltbar für die Ewigkeit gedacht, allenfalls mal in großen Zeitabständen neu zu übertünchen.
Und ich denke nicht nur an diese komische Partei – auch für das ganze Land gilt dieses Bild. Müsste allerdings, denke ich, mich noch mal ausführlicher damit befassen, mit dem Bild und Deutschland: ist da 1990 nicht vielleicht doch mehr passiert als dass man dem alten Haus BRD einen Anbau namens Ex-DDR drangeklatscht  und das ganze neu angestrichen hat? Obwohl die Grundmauern doch ausdrücklich von Anfang an als provisorisch deklariert worden waren! So dass im Fall des (Zu-sammen-)Falles der „sozialistischen Alternative“ ein Neubau nötig und richtig gewe-sen wäre?!
Keine Lust, mich jetzt, beim Arbeiten, damit zu beschäftigen. Die „Ilti“ rattert und schrillt, meine Arme werden schwer. Es stellt sich fast eine Art Rauschzustand ein, diese Mischung aus Lärm (trotz der ohrenschützenden Kopfhörer) und Durchgeschütteltwerden, eine Zufriedenheit über jeden freigelegten Quadratdezimeter, Triumph beinahe, wenn große Stücke wegbrechen und die Ziegel der Mauer freigeben. Es geht voran, das sehe ich mit jeder weiteren Stunde, ich fühle mich gut beim Be-trachten dessen, was ich geleistet habe, nachweisbar, offensichtlich. Wenn auch der Gedanke irgendwann kommt, es handle sich um Abbruch, Destruktion – es steht ja der Wiederaufbau an, Neukonstruktion, Gestaltung… Auch das Wetter lenkt inzwischen ein: der deprimierend sture Dauerregen aus den unaufhörlich über dem westlichen Mittelmeer rotierenden Tiefs (sehr sinnlich, diese animierte ZDF-Wetterkarte im Internet…) ist von nun schon tagelanger Sonne aus wolkenlosem Azzurro-Himmel abgelöst worden. Nächste Woche auf dem Renovierungsplan der Baufirma also das Dach. Und damit ein entscheidender Schritt nach vorn. Ganz ohne irgendwelche Bilder oder Symbolik…

24. April 2004

Die Dinge überschlagen sich – oder besser: die Firma Gasparoni (zwei Brüder, sehr unterschiedlich, auf ihre Art sehr nett, beide, und ihre verschiedenen jüngeren und älteren Mitarbeiter) übertrifft sich selbst: schon Wochen vor dem ursprünglich geplanten Termin ist das Dach fertig. Es gab wohl – ein bisschen überraschend, sehr erfreulich! – weniger zu beanstanden, die Balken, die Querhölzer, die Pianelle, alles besser in Schuss als vermutet. Und so beobachte ich, ein bisschen ungläubig nach der langen Zeit, die Rückkehr der pausierenden Liebe – zum Regen. Der das Land hier inzwischen mehr heimsuchte, als es selbst die Bauern sich wünschten: es habe seit Jahrzehnten keinen solch harten Winter, kein so unfreundliches Frühjahr mehr gegeben, bestätigen sich Einheimische und Neubürger, wechselseitig sich bedauernd. Erst dieser Tage – nach den Eisheiligen (ob es die auch in Italien gibt, muss ich noch recherchieren, so angefühlt haben sich die Tage jedenfalls) ist es richtig italienisch warm und dieses Licht des Südens über einer quasitoskanischen Landschaft und es erwachen tief schlummernde Lebensgeister…

19. Mai 2004